(Gulliver bei Beltz & Gelberg 2006, 281 Seiten)
„Lebe dein Leben, wie es deinem Wesen entspricht, und nicht, wie es andere von dir erwarten.“ Das steht auf der letzten Seite von Terence Blackers Jugendbuch „Boy2Girl“. Tja, das ist wohl die Botschaft vieler Jugendromane – hier wird sie nur deutlich – wie ein Schlussakkord, der ein Musikstück abrundet – benannt…
„Boy2Girl“ ist schon ein Jahr alt, also kein ganz neues Buch mehr. Aber die Geschichte hörte sich einfach witzig an – und als das Buch herausgekommen ist, ist es mir nicht aufgefallen…
Also, schauen wir mal, wie der Engländer Terence Blacker seine Schlussbotschaft literarisch umgesetzt hat.
Inhalt:
Sams ziemlich durchgeknallte Mutter Galaxy ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Da sein Vater, der sich jedoch wenig um seinen Sohn gekümmert hat und keinen guten Einfluss auf Sam hatte, gerade im Gefängnis sitzt, landet der Junge schließlich bei der Familie seiner Tante in England. Die Burtons sind eine eher biedere englische Familie mit einem Jungen namens Matt(hew), der im gleichen Alter wie Sam ist (beide gehen in die 8. Klasse).
Matt und seine Eltern sind von Sam jedoch ziemlich entsetzt. Mit seinen langen blonden Haaren sieht er ziemlich verrückt aus, außerdem ist er für sein Alter recht klein und seine Manieren lassen sehr zu wünschen übrig. Matts Eltern schwant, dass noch einige Schwierigkeiten auf sie zukommen werden.
Matt und seine Freunde Jake und Tyrone wollen mit Sam, der es sich gleich mit ihnen verscherzt hat, nicht groß was zu tun haben. Sie wollen Sam jedoch noch eine Chance geben, wenn er sich auf eine Mutprobe einlässt: Sam soll eine Woche lang mit Mädchenkleidern in die Schule gehen und sich dort als Mädchen ausgeben. Und so geschieht es schließlich auch.
Die anderen Schüler, aber auch die Lehrer nehmen Sam, der neu an die Schule kommt, sogar ab, dass er ein Mädchen ist. Doch eckt Sam mit seiner schnökellosen und frechen Art schnell überall an. Selbst vor dem meistgefürchtetsten Jungen an der Schule zeigt er keinen Respekt und wehrt sich erfolgreich gegen dessen Übergriffe.
Die Mädchen an der Schule sehen Sam zunächst als Bedrohung, nehmen sie dann jedoch schließlich in ihre Mädchenclique auf. Sam spielt seine Rolle als Mädchen schließlich so gut, dass sogar Mark, der Star der Schule, ein Auge auf Sam wirft und mit dem Mädchen ausgehen möchte… Das Ausfüllen der Mädchenrolle wirft langsam immer mehr Probleme auf… Und dann tritt auch noch Sams leiblicher Vater auf den Plan.
Bewertung:
„Boy2Girl“ spielt virtuos mit Mädchen- und Jungen-Klischees – und das ist einfach amüsant und kurzweilig zu lesen. Wie Sam sich zunächst äußerlich als Mädchen ausgibt und sich dann nach und nach auch innerlich mit seiner neuen Rolle identifiziert, gibt ein schönes Verwirrspiel ab. Spätestens als Sam die ersten Angebote für Dates bekommt, kippt das Spiel jedoch und entpuppt sich als ernster als zunächst gedacht.
Die witzige Idee für dieses Buch wird durch den Schreibstil von Terence Blacker unterstützt. Die Geschichte wird nicht aus einer Perspektive erzählt, sondern die erzählende Person wechselt ständig. Nicht nur Sam und die anderen Jugendlichen kommen dabei zu Wort, sondern auch Lehrer, die Schulleiterin, ein Polizist und viele andere mehr. Dabei wird oft mitten in der Handlung die Perspektive gewechselt – und wenn man dann mitbekommt, wie z.B. der etwas dickliche Tyrone eine Szene schildert, die dann aus der Sicht seiner Mutter weitererzählt wird, dann muss man immer wieder mindestens schmunzeln, manchmal sogar laut lachen. Denn die Figuren in „Boy2Girl“ sind herrlich karikiert: Tyrones Mutter, die von ihrem Sohn immer so begeistert ist und sich für eine moderne Mutter hält (dabei aber auch jedes peinliche Detail über ihren Sohn an ihre Freundinnen weitererzählen muss); oder Mrs Cartwright, die Schulleiterin, die sich in ihr Aktenzimmer verzieht, um dort schreiend Dampf abzulassen (was Sam dann auch noch mitbekommt!).
Fazit:
5 von 5 Punkten. „Boy2Girl“ ist ein witziges Buch, das man schnell und mit Begeisterung liest. Ein klein wenig fehlt mir vielleicht (aber das ist möglicherweise eine Erwachsenen-Marotte) manchmal etwas Tiefgang, weil die Figuren zu sehr überzeichnet sind – aber letztendlich ist es genau das, was dieses Buch auch zu etwas Besonderem macht: „Boy2Girl“ ist eher eine Komödie mit ernstem Hintergrund, als dass es darum geht, tief schürfende Gedanken zu äußern.
Terence Blacker unterhält seine Leser mit diesem Buch jedenfalls gut – und wer mal wieder etwas Amüsantes lesen will, der liegt mit diesem Roman sicherlich nicht falsch. (ab 11/12 Jahren)
(Ulf Cronenberg, 08.12.2007)
Lektüretipp für Lehrer!
Sam, der aus Amerika nach England zieht, muss eine schwierige Mutprobe bestehen, um in die Clique seines Cousins aufgenommen zu werden: Eine Woche lang soll er als Mädchen verkleidet in die Schule gehen.
„Boy2Girl“ eignet sich meiner Meinung nach für Schüler der 6. und 7. Klasse und nähert sich dem Thema „Verhältnis zwischen Mädchen und Jungen“ auf unterhaltsame und witzige Weise. Die Schüler dürften einiges zum Lachen haben, es gibt genug Möglichkeiten, Schüler die Geschichte kreativ fortschreiben oder ergänzen zu lassen – und für Diskussionen ist sicher auch gesorgt.
Entdecke mehr von Jugendbuchtipps.de
Subscribe to get the latest posts sent to your email.